VAL PRINO IM MAI
In und um das Val Prino: Traumparcous zu betagten Landkapellen und einsamen Pässen bis hin zum Val Argentina
Articolo del giornalista di viaggio Lutz Redeker Foto di 5 Valli e Lutz Redeker
Der windige Mai macht auch in Valloria was er will und wer sich auf den Weg in höhere Lagen macht, nimmt besser ein warmes Trikot mit
Das Schöne dieser Region mit seinen zauberhaften Dörfern ist seine Weltabgewandtheit. Nur wenige Kilometer hinter Dolcedo – ob nun Richtung Prelà und Colla d´ Oggia oder Richtung Bellissimi und dem Passo S. Brigida beginnt eine Welt, in der sich eine alte Olivenkultur und ein Leben im Einklang mit der Natur vermittelt. Viele der ehemaligen Eselspfade zu abgelegenen Terrassen lassen sich inzwischen als MTB Routen nutzen.
Und geradezu wie Denksteine in eine belebte Vergangenheit wirken die alten Santuari bzw. Kapellen und Wahlfahrtskirchen, die an exponierten Stellen plötzlich den Blick in die Ferne hin zu einem tiefblauen Horizont über dem Meer freigeben. Typisch sind meistens eine kleine Loggia, die immer noch Schutz gegen Wettereinbrüche bieten oder etwas Schatten im heißen Sommer.
Und es findet sich immer noch ein Bewohner der Ortschaften, die sich diesen alten Orten der Einhalt annimmt. Denn die Kirchen leben oftmals einmal im Jahr aus ihrem Dornröschenschlaf auf, wenn zum Beispiel die gesamte Einwohnerschaft von Tavole nach Santa Marta (43°55′28.83″N 07°54′11.35″E) pilgert und ein großes Fest feiert. Oder zur chiesa romanica Madonna della Guardia ( 43°56′06.34″N 07°56′01.45″E). San Bernardo – zu erreichen über eine Piste linker Hand, ca. 800 m oberhalb von Pantasina (43°56′28.53″N 07°55′26.36″E) liegt an der Pista nach Villa Talla. Dort bastelt übrigens Mimmo, seines Zeichens pensionierter Maurer in seiner freien Zeit an den bröckelnden Mauern und verliert sich fast meditativ in der Erhaltung „seiner“ Kapelle. Hier, auf ca. 550 Höhenmetern gehts es über eine Piste in 40 bikeminuten nach Villa Tala, dem höchsten Ort im Val Prino.
Das diese Ort oft schon einige Jahrhundert miterlebt haben beweisen kleine Inschriften, wie etwa auf dem Architrav eines verwitternden Hausportals von Pantasina (43°56′22.12″N 07°54′20.84″E): 1530 ist dort im tiefgrauen Ardesiastein neben Engel gleichen Wesen zu entziffern.
Apropos Pantasina. Ganz so weltabgewandt war auch dieser Ort nicht. Denn die grande Dame des Ortes zu Beginn des 16 Jh., Contessa Anna Lascaris, war mit dem Govaneur von Nizza verheiratet, entstammte dem französischen Adel. Ihr gehörten Ländereien in Ventimiglia und Tenda. Beim Schlendern durch die verwinkelten Gassen des Ortes findet sich ein Portal mit ihrem Namen.
Ihr polyglottes Leben erinnert auch an die englischen Verehrer Liguriens, etwa Lord Byron oder Percy Shelley, einem in San Remo allzu verehrten romantischen Dichter.
In seinem Poem „Westwind“ lebt stürmisches Wetter fort….
Du, an dessen Strom, mitten in der Aufregung des steilen Himmels, Lose Wolken wie die verfallenden Blätter der Erde werden vergossen, Aus den verworrenen Ästen des Himmels und des Ozeans geschüttelt ….
Engel des Regens und des Blitzes: Es gibt Ausbreitung
Auf der blauen Oberfläche deiner Luftwelle,
Wie das helle Haar, das vom Kopf emporgehoben wurde
Über den Colla d‘ Oggia nach Carpasio und Taggia
Eine Tagesreise war im vorherigen Jahrhundert die Strecke von Prelà nach Carpasio – im Winterhalbjahr auch mal von heftigem Temperaturgefälle begleitet. Heute gehts per bike doch erheblich schneller! Und wer keine warme Jacke dabei hat, borgt sich zum einpacken halt etwas Zeitungspapier aus…doch etwas Kondition ist gefragt auf dieser Strecke, die sich peux a peux zunächst durch üppige Olivenhaine und dann durch Eichenwald und Macchia zum Pass hochschraubt!
Das ristorante am Pass hingegen der richtige Ort für eine Verschnaufpause und einen Cappuccino! Wer allerdings zur Mittagszeit erst ankommt wird sich wohl von den Düften aus der Küche verführen lassen bevor es auf dieser prima Tagestour in das Val Carpasina nach Montalto Ligure, Balducco und Taggia wieder Richtung Imperia und Val Prino geht.
Wer es für ein Lunch bis nach Carpasio aushält wird kulinarisch bei Patrizia im La Carpasina mit den köstlichen Antipasti auf Gerstebruschetta »carpasinná« und hausgemachten linguine al Pesto belohnt.
Den freundlichen Ort umwinden Hügelterrassen, auf denen einst Lavendel und Gerste angebaut wurde. Maria Teresa ging einst in den örtlichen Kindergarten, dem Asilo, heute lebt hier ein kleines Museum zum Lavendelanbau auf. Weniger harmonisch sind die Dokumente im Museo della Resistenza von Carpasio: Partisanen organisierten sich hier, um gegen den Faschismus in den großen Küstenstädten zu kämpfen. Auch im nahen Badalucco gibt es übrigens das »carpasinná«, immer noch mit Getreide aus uralten Steinmühlen. Im Frantoio Roi, Via Argentina 1, finden sich viele Ideen zum Thema Taggiasca Olive, die hier in allen erdenklichen Varianten verarbeitet wird.
Weiter gehts von hier immer entlang des Argentina Flusses nach Taggia einem Kleinod ligurischer Architektur.
Die Geschäftsleute machten bereits im 16 Jh. im Handel mit Oliven und Mandeln ein kleines Vermögen, wie der ausgeschilderte Rundgang (»Itinerario storico«) im his- torischen Zentrum vermittelt. Die Palazzi mit ihren alten Laubengängen sind wohlproportioniert – in vielen Straßen wie der Via San Dalmazio und der Via Lercari lassen sich die typisch ligurischen Schieferportale mit Wappen erkennen. Einen weich-schwarzen Schimmer reflektieren die alten Ardesiaplatten an einem stillen Nachmittag.
Das alte Domenikanerkloster am Rand vom Centro storico von Taggia lohnt vor allem deshalb einen Besuch, weil sein eleganter weiß-schwarzer Fußboden (Marmor aus Carrara und Ardesia der Region) nicht nur in Ligurien einmalig ist (Mittags von 12.30h bis 15h geschl.).
Nachmittags-Spurt nach San Lorenzo al Mare
Wer die die Pista Ciclabile San Remo – San Lorenzo noch nicht kennt, kann gleich hinter Arma di Taggia ins Staunen kommen.
Denn neben herrlichen Aussichten bietet der neue Parcours direkt am Meer Aal glatten Asphalt. Die Landschaft ist vielerorts spektakulär – in der Ferne verschmelzen Meer und Horizont. (www. pistaciclabile.com )
Biker, Wanderer und Jogger schwärmen beim Gedanken an die ehemalige Bahntrasse (»pista ciclabile«) zwischen San Lorenzo al Mare und Ospedaletti. Der sportlicher Parcours von insgesamt 24 km Länge ist somit ein weiterer Tagesvorschlag für bella Liguria vom Hochsitz des Bikes aus zu genießen.
Fast vergessen: Ein guter Aufwärmer bzw. Auftakt für einen Biketripp von Dolcedo ans Meer ist die Strecke über Santa Brigida (43°53′56″N 07°55′41.96″E) mit 458 m und eine genialen Abfahrt ins Tal. Die Ausblicke auf Pietrabruna und Torre Papone sind fantastisch, ein Sprung ins Meer belohnt den Aufstieg. In der Trattoria „U Nustromu“, direkt am Strand, lässt sich bei einem Glas Pigato mit Focaccia gut entspannen.